Zahngesunde Ernährung

auch morgen noch "kraftvoll zubeißen"
Zahngesunde Ernährung

Wer feste zubeißen will, muss erstmal richtig essen: Die sogenannte „zahngesunde Ernährung“ ist nicht nur nett zum Schmelz, sondern stärkt die Zähne, beruhigt die Mundflora und schmeckt auch noch sehr lecker! Wie leicht das geht, erklärt Zahnärztin Dr. Verena Siegmund. Sie ist spezialisiert auf das Fachgebiet "dentale Ernährungsberatung".

Welche Lebensmittel sind "zahngesund"?

Morgens und abends Zähneputzen und dazwischen mal ein Apfel – bedeutet das „zahngesunde Ernährung“?
Eine zahngesunde Ernährung findet sich sicherlich integriert in eine allgemeine gesunde Ernährung und Lebensweise und ruht auf vielen Pfeilern. Damit spielt eine regelmäßige, gründliche Pflege und Reinigung von „außen“ eine ebenso wichtige Rolle wie die vollwertige Versorgung des Zahnes (und Körpers) mit den notwendigen Nährstoffen von „innen“.

Sind körpergesunde Lebensmittel immer auch zahngesund?
In vielen Punkten stimmt eine zahngesunde Ernährung auch mit einer allgemeinen körpergesunden Ernährung überein, da beide grundsätzlich ausgewogen und abwechslungsreich sein sollten, zuckerarm und reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Jedoch gibt es Lebensmittel, die durch ihre spezielle Zusammensetzung insbesondere die Zahnsubstanz und den Zahnhalteapparat von innen stärken können. Auch die Menge, Häufigkeit der Aufnahme und Konsistenz der entsprechenden Lebensmittel spielen für die zahnfreundliche Ernährung eine entscheidende Rolle.

Was können denn die verschiedenen Aspekte zahngesunder Ernährung sein?
(Speichelfluss, Mundflora, nicht säurehaltig etc. pp.)

Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel die Kauarbeit: Zähne dienen der mechanischen Zerkleinerung der Nahrung, und nur durch gründliches Zerkauen können die enthaltenen Nährstoffe von unserem Verdauungsapparat auch richtig aufgenommen werden. Durch das Kauen besonders festerer und knackiger Lebensmittel wird der Speichelfluss angeregt, welcher durch seine leicht basische Zusammensetzung die schädigende Wirkung von Säuren neutralisieren kann. Überwiegt eine übersäuernde Lebensweise durch ständigen Verzehr von Fertiggerichten, zuckerhaltigen oder Weißmehlprodukten und Softgetränken, kann der Speichel seiner regenerierenden Aufgabe nicht mehr hinterherkommen, auch innerlich entzieht der Körper dann den Zähnen und den Knochen Kalzium, Magnesium oder Kalium. Dadurch werden sie in ihrer Substanz geschwächt.

Zahngesundheit und Stoffwechsel

Findet zahngesunde Ernährung nur im Mund statt und in direkter Wirkung auf die Zähne?
Keinesfalls! Unsere Zähne und der sie umgebende Zahnhalteapparat, Knochen sowie das Zahnfleisch sind durch feine Blut- und Lymphgefäße direkt an die Stoffwechselprozesse im restlichen Körper angebunden. Ein optimal ernährter Körper kann alle Regenerations- und Reparaturaufgaben leisten, vielen Umwelteinflüssen entgegenwirken und Heilung unterstützen, und diese positiven Einflüsse machen sich im selben Maße in der Mundhöhle bemerkbar.

Vitamine und Mineralstoffe

Welche Vitamine und Mineralstoffe haben denn welche Effekte auf die Zahngesundheit?
Kalzium ist ein wichtiger Bestandteil von Knochen und Zähnen, ebenso Magnesium. Diese Mineralstoffe sollten gleichzeitig aufgenommen werden, da sie nur so ihre volle Wirkung entfalten können. Auch Phosphor ist in der richtigen Menge unerlässlich zum Aufbau von Knochen und Zähnen, ein Zuviel durch Fast Food, Süßigkeiten, Fleisch und Wurst oder Milchprodukte sollte jedoch aufgrund einer Übersäuerungsgefahr vermieden werden.
Unter den Vitaminen ist besonders auf Vitamin D und K zu achten, denn nur unter deren Einfluss kann Kalzium ausreichend verwertet werden. Vitamin C stärkt das Immunsystem, wodurch der Körper Bakterien, die Zahnfleischerkrankungen (Parodontitis) oder Karies verursachen, besser bekämpfen kann. Es ist Bestandteil des Zahnbeins (Dentins) und stärkt die Kollagenbildung im Zahnfleisch. Zu guter Letzt fördert Vitamin A die Gesundheit der Mundschleimhaut und kann sich günstig auf die Vermeidung von Karies auswirken. Nennenswert sind auch die in der Nahrung natürlicherweise vorkommenden Fluoride, die Zähne widerstandsfähiger gegen Säuren machen und die Plaquebildung hemmen, sowie Kupfer, Mangan und Bor.

Was kann passieren, wenn ich mich nicht „zahnungesund“ ernähre? Können manche Schäden auch erst im Erwachsenenalter auftreten?
Wie auch in anderen Bereichen der Gesundheit können Schädigungen kurzfristig oder auch erst nach jahrelangem „schlechten Haushalten“ auftreten. Karies bildet sich bei der falschen Ernährung und Pflege relativ schnell aus, ebenso eine akute Zahnfleischentzündung, die Blutungen und Schwellung zur Folge hat. Weitergehende Schäden, wie zum Beispiel am Zahnhalteapparat mit der Folge von zurückgehendem Zahnfleisch und sich lockernden Zähnen, treten erst mit fortschreitendem Alter in Erscheinung. Ebenso ist ein dauerhaft ungesunder Zustand in der Mundhöhle auch oftmals mitursächlich für andere Erkrankungen am Herzen, Magen-/Darmtrakt, der Leber oder den Nieren.

Zahngesunde Ernährung bei Kindern

Als Erwachsener verstehe ich, dass Brokkoli mit Hüttenkäse gut ist für meine Zähne. Aber wie verklickere ich das den Kindern?
Kinder lernen durch das Erleben und die Vorbildfunktion, was immer die ganze Familie mit einbezieht. Wird ihnen in diesem Umfeld vorgelebt, wie viel Spaß gemeinsames Kochen und Essen macht, mit all den vielfältigen Lebensmitteln, die diese Welt zu bieten hat, kann daraus durchaus ein regelmäßiges, wunderschönes Erlebnis für die ganze Familie und Freunde werden. Erst bei älteren Kindern ist es sinnvoll, den gesundheitlichen Effekt, sei es für Körper oder Zähne, konkret zu thematisieren. Zuvor geht es um die Freude an den Farben der Lebensmittel, an verschiedenen, guten und möglichst naturbelassenen Geschmäckern, wodurch sich die Geschmacksknospen entfalten und die Grundlage für ein lebenslanges, gesundes Essverhalten gelegt wird. Achtsamkeit und Wertschätzung werden ganz nebenbei beim gemeinsamen, bewussten Einkaufen oder bei der eigenhändigen Ernte von Obst oder Gemüse erlernt. Braucht es Anregung und Unterstützung, um dieses Ziel schrittweise in der eigenen Familie umzusetzen, findet sich jederzeit Hilfe im Bereich der Ernährungsberatung.

Drogeriemärkte & Co. preisen allerlei Mittelchen wie aufputzbaren Zahnschmelz an. Braucht es die – oder können wir uns das in jedem Fall sparen, wenn wir uns zahngesund ernähren?
Gesunderhaltung der Zähne findet immer innerlich und äußerlich statt. Mit Sicherheit muss man nicht auf jeden Zug der boomenden Zahnprodukte-Industrie aufspringen, aber eine Stärkung des Zahnschmelzes oder Unterstützung des Zahnfleischs nach der regulären Zahnpflege ist individuell auf den jeweiligen Menschen abgestimmt sinnvoll. Dazu sollte in jedem Fall der (Kinder-) Zahnarzt Ihres Vertrauens befragt werden.

 

Zahngesunde Lebensmittel (DOs):
Frische, saisonale Lebensmittel mit kurzen Transportwegen, da hier die meisten Nährstoffe erhalten sind, schonende Verarbeitung und eigenhändige Zubereitung, grüne Gemüsesorten und Salate, Verzehr von kauintensivem, knackigem Obst oder Gemüse, Bio-Qualität, Getreide als Vollkornprodukte, basische Ernährung, Wasser und ungezuckerter Tee als Durststiller, ausreichend trinken.

Zahnungesunde Lebensmittel (DON’Ts):
Industriell gefertigte Lebensmittel, zucker- und weißmehlhaltige Lebensmittel, Haushaltszucker, phosphathaltige Lebensmittel wie Wurst, Fast Food, Süßigkeiten und Limos oder Cola-Getränke, versteckte Zuckerquellen, beispielsweise in Fruchtjoghurt, Fertigsoßen, Ketchup, Knabbereien; klebrige Lebensmittel.

Wo ist von was besonders viel drin? Wir haben für euch ein paar besonders zahngesunde Lebensmittel ausgesucht. Viel Spaß beim Kombinieren und guten Appetit!
Vitamin A: Weizengras, Karotten, allgemein gelbes und orangefarbenes Obst und Gemüse, Eier, Süßkartoffeln, Grünkohl, Spinat
Vitamin C: Kohl, Rosenkohl, Grünkohl, Spinat, Beeren, Zitrusfrüchte, Hagebutten
Vitamin D: Lachs, Avocado, Steinpilze, Champignons, Eier, Butter
Fluorid: Grün- und Schwarztee, Algen, Vollkornprodukte, Knäckebrot, Eier, Walnüsse, Nüsse
Kalzium: schwarzer Sesam, heller Sesam, Käse (Gouda, Camembert …), Mandeln, Feigen, Grünkohl, Brokkoli
Kauintensive Lebensmittel: Karotten, Kohlrabi, Radieschen, Brot, Äpfel, zuckerfreier Kaugummi

Interview: Katharina Wasmeier, ELMA #15 April 2022

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