Er ist dann mal weg

Vorbereitungen für das Auslandsjahr
Auslandsjahr in den USA

„Ich will ein Highschool-Jahr in den USA machen!“ Schon lange ist das der Wunsch unseres Sohnemanns. Die Realisierung seit eineinhalb Jahren ein gemeinsames Familienprojekt. Eine Zeit voller Vorfreude, Papierkram, Geduldsproben und Abschiedsschmerz.

Eine Gastfamilie finden

Auf das Warten waren wir nicht vorbereitet. Nervenzehrendes, zermürbendes, schier endloses Warten. Auf die Nachricht, dass eine Gastfamilie gefunden wurde. Es ist fast Mitte August, das Zeitfenster wird eng. Wenn bis Ende des Monats kein Platz gefunden wird, ist der American Dream ausgeträumt, bevor er überhaupt angefangen hat. Dabei dachten wir vor über einem Jahr, als die Bewerbungsunterlagen recht frühzeitig fertig und abgeschickt waren, dass es jetzt jeden Tag so weit sein könnte und wir bald wissen würden, wo und bei wem in den Staaten unser Sohn für zehn Monate leben würde. First come, first served? Mitnichten! Natürlich war uns klar, dass es bei der Gastfamiliensuche darum geht, ein möglichst perfektes Match zu finden. Interessen von beiden Seiten wollen abgestimmt sein, aber dass dies mehr als ein Jahr dauern könnte, damit hatte keiner gerechnet. Sagt einem so von offizieller Seite auch niemand.

Vorbereitungen für den Schüleraustausch

Bevor die Warterei ansteht, vergeht die Zeit wie im Flug. Die Bewerbung für ein Highschool-Jahr hält die ganze Familie einige Monate ordentlich auf Trab. Es gibt unzählige Formulare auszufüllen, Impfungen aufzufrischen, man muss Zeugnisnoten übersetzen lassen, den Englischlehrer um eine Stellungnahme bitten, der Filius muss einen Brief an seine zukünftige Gastfamilie schreiben, und auch wir Eltern waren aufgefordert, einen „parents’ letter“ zu verfassen – eine gute Gelegenheit übrigens, das eigene eingerostete Schulenglisch aufzupolieren. Die Papierkram-Phase ist aufwendig, aber auch schön. Denn mit jedem Punkt, den man auf der To-do-Liste abhakt, wird das Vorhaben realer, Vorfreude steigt auf. Ich beginne, unseren Sohn in die bunten Fotos aus den Prospekten der Austauschorganisationen hineinzuprojizieren: Ich sehe ihn vor einem typisch gelben Schulbus, bei einem Footballspiel, beim BBQ und denke: Wow, wie cool wird das denn! Jaa, schon klar – bitte keine überzogenen, romantischen Erwartungen.

Das Abenteuer USA startet

Unser 16-Jähriger ist da weitaus klarer im Kopf. Er wartet, bis er endlich bei Google Earth eine konkrete Adresse eingeben und sein baldiges Zuhause online auskundschaften kann. Aber wie gesagt: Das dauert und wird zur Belastungsprobe. Mit jeder Woche, die verstreicht, wächst die Angst, dass es nicht klappen könnte. Habe ich was falsch gemacht? Warum will mich keiner? Das ist das Schlimmste für Eltern: zu sehen, dass das eigene Kind sich mit Selbstzweifeln quält. Doch dann ist es tatsächlich so weit: Am 15. August kommt die herbeigesehnte Nachricht. Es geht nach Arkansas, uns bleiben vier Tage bis zum Abflug! Zogen sich die Wochen vorher (in denen keiner in die Zukunft träumen, noch über das Auf-Wiedersehen-Sagen nachdenken will) kaugummizäh in die Länge, werden wir jetzt wie mit einem Bungee-Seil nach vorne katapultiert und stehen einen gefühlten Wimpernschlag später am Frankfurter Flughafen. Mit einem Kloß im Hals, Abschiedsschmerz im Herzen und gleichzeitiger riesengroßer Mitfreude. Es ist hart, sein Kind gehen zu lassen. Aber es macht auch unendlich stolz, zu sehen, mit wie viel Mut und Zuversicht ein 16-Jähriger in sein unumstößlich gewolltes Abenteuer startet.

Text: Manuela Prill

Weitere Artikel