Das Lächelgefühl

Glücks-Rituale

„Was war heute schön?“ Diese Frage vor dem Schlafengehen lenkt den Blick noch mal auf das Positive, lässt einen schmunzeln über eine schöne Begegnung oder ein gemeinsames Lachen, ruft in Erinnerung, worüber man sich gefreut hat. Das muss nichts Großes, Spektakuläres sein – da genügen oft schon die kleinen Momente. Zelebriert man diese Frage tagtäglich vor dem Schlafengehen, lernen Kinder, zu erkennen, dass auch an schwierigen Tagen nicht alles schlecht war. 

Resilienz entwickeln

Wir alle möchten, dass unsere Kinder unbeschwert aufwachsen. Aber das geht nicht. Es gibt Erwachsenenprobleme, die das Kinderleben beeinflussen – vom Stress in der Arbeit, der sich nicht so einfach zu Hause abschütteln lässt, über Geldsorgen und gesundheitliche Probleme bis hin zur Scheidung –, und es gibt Kinderprobleme, die einen Tag sehr schwer machen können. Das verpatzte Tor beim Fußballspiel, die Freundin, die einen wie Luft behandelt hat, und man weiß nicht warum, die Erzieherin, die ungerecht war, die Sechs in Mathe … Doch stürmische Zeiten, Konflikte, Rückschläge und Veränderungen sind Teil unseres Lebens. 

Wenn Kinder lernen, wie man mit solchen Herausforderungen umgeht, entwickeln sie Resilienz. Sozusagen eine Art Widerstandskraft. Sie lernen durch unser Vorbild, dass Probleme überwunden werden können und es wieder aufwärts geht. Das stärkt das Selbstvertrauen und fördert Problembewältigungsstrategien sowie die emotionale Intelligenz. 

Die kleinen Dinge entdecken

Aber auch wir können in solchen Phasen besonders viel von unseren Kindern lernen. Sie sind wahre Meister darin, die kleinen Dinge im Leben zu sehen und zu genießen. Die Pfütze, in die man auf dem Heimweg mit Vollkaracho hüpfen kann, ein Schneckenhaus, ein witziger Gesichtsausdruck, Regentropfen, die wie Musik klingen, oder eine Figurenwolke am Himmel, eine kleine Umarmung zwischendurch – wahre Schätze in jedem Alltag, in einem schwierigen umso mehr. Wenn wir gemeinsam schöne Momente genießen können, dann bauen wir eine Art Schutzpolster auf, das nicht nur unsere Stimmung verändert, sondern uns auch dann trägt, wenn der Alltag mal wieder etwas taffer wird. 

das Lächelgefühl

Natürlich bringt es nichts, immer nur den Blick auf die positiven Dinge zu lenken und die anderen unter den Teppich zu kehren. Probleme sind da, um besprochen und gelöst zu werden. Und perfekt ist auch keiner von uns. Aber: Die Zeit vor dem Schlafengehen sollte dem Schönen gewidmet sein. Ein geliebtes Bilderbuch, die Erinnerung an eine aus Decken gebaute Höhle im Wohnzimmer, ein kleines Dankeschön etwa für eine schöne Geste dem Geschwister gegenüber oder das gemeinsame Lachen über eine Situation oder einen Witz … Kleine Rituale lassen den Tag ganz wunderbar und leicht ausklingen, geben uns ein Lächelgefühl und dem Gehirn die Möglichkeit, über Nacht in aller Ruhe Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Dann sieht auch manches Problem am nächsten Morgen gar nicht mehr so schlimm aus. Übrigens eine Strategie, die auch uns Erwachsenen nicht schaden kann.  

Das Komplimente-Spiel: Jedes Familienmitglied überlegt sich ein paar nette Worte über  den anderen. Das stärkt das Selbstbewusstsein und fördert die Wertschätzung füreinander.

Das Buch der schönen Dinge: Sich ein hübsches leeres Buch besorgen und in wenigen Worten pro Seite jeweils ein besonderes Erlebnis beschreiben. Das kann der erste Kuss sein, aber auch ein besonders leckeres Abendessen, die erste Blüte im Frühjahr oder das Gekicher mit der besten Freundin.

Das Schöne-Gefühle-Glas: Gerade Jugendlichen fällt es manchmal schwer, ihren Blick aufs Positive zu richten. Hier kann es helfen, ein schönes Bonbonglas zu besorgen und für  jeden schönen Moment eine Murmel ins Glas zu geben. Jetzt sieht man ganz schnell, dass doch nicht alles so düster ist wie es scheint.

Text: Simone Blaß

Weitere Artikel