Chanukka

Tage voller Lichterglanz

Protokoll Kerstin Smirr, ELMA #13, Dezember 2021

Miriam Staroselski und ihre Familie gehören der jüdischen Glaubensgemeinschaft an. Weihnachten feiern sie nicht, aber besinnlich geht es im Dezember dennoch zu: bei Chanukka. Das Lichterfest erinnert an ein historisches Wunder. Ihr persönliches Chanukka-Wunder erlebte Miriam Staroselski, als sie dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt entging.

„Die Weihnachtstage mag ich sehr, weil draußen alles ruhig und beleuchtet ist. Weihnachten selbst feiern meine Familie und ich nicht. Wir nutzen die freie Zeit, um zu verreisen. Ich bin in der Ukraine aufgewachsen. Damals in der Sowjetunion war es verboten, seine Religion auszuüben und religiöse Feste zu feiern. Die Tradition von Weihnachten habe ich erst kennengelernt, als ich mit 17 Jahren nach Deutschland gezogen bin. Inzwischen bin ich Mutter von zwei Söhnen. Sie sind zwei und vier Jahre alt. Der Ältere fragt schon nach, was es mit Symbolfiguren wie dem Christkind auf sich hat, wenn er sie in der Stadt sieht. Dann erkläre ich ihm, dass wir in einem Land leben, in dem die Menschen großen Wert auf das Weihnachtsfest legen, dass es aber nicht unsere Tradition ist.

Chanukka, das Lichterfest

Meistens fällt Weihnachten mit Chanukka, dem achttägigen Lichterfest, zusammen. Chanukka erinnert daran, dass die Juden 165 vor Christus den Jerusalemer Tempel wiedererobert haben. Damals sollte ein Leuchter im Tempel angezündet werden, aber es war nur eine kleine Flasche Olivenöl zurückgeblieben. Es war ein Wunder, dass der Leuchter trotzdem acht Tage lang brannte. Seitdem feiern wir Chanukka, und das Öl spielt als Symbol eine große Rolle. Wir bereiten Speisen in Öl zu, wie Krapfen und Kartoffelpuffer. Bei Einbruch der Dunkelheit zünden wir jeden Tag eine von acht Kerzen an einem Leuchter an. Und wir singen. Mein Lieblingslied heißt ‚Alle diese Wunder’. Ich mag es so sehr, dass ich es schon unseren Kindern beigebracht habe.

Chanukka-Geschenke

Unsere Söhne bekommen an jedem der acht Tage eine Kleinigkeit geschenkt, zum Beispiel ein Memory-Spiel oder Schokomünzen als Chanukka-Geld. Selbst ich mit meinen 36 Jahren bekomme noch Chanukka-Geld von meiner Großmutter. In Fürth, Erlangen und Nürnberg stehen an öffentlichen Plätzen große Leuchter. An manchen Tagen gehen wir mit den Kindern hin. Mal feiern wir mit der Familie, mal mit Freunden oder der jüdischen Gemeinschaft. An acht Tagen können wir uns wirklich austoben. Danach sind meine Kinder erst mal gesättigt und sie fragen nicht: ‚Warum feiern alle anderen und wir nicht?’

Wunder an Chanukka

In meinem Leben habe ich auch persönlichein Chanukka-Wunder erlebt. 2016 fielen Weihnachten und Chanukka zusammen. Es war ein paar Tage davor. Ich habe in Berlin studiert und war im vierten Monat schwanger. Ich war bis abends an der Universität und hatte keine Lust, direkt von dort nach Hause zu fahren. So bin ich in Richtung des Weihnachtsmarkts gegangen. Plötzlich fühlte ich mich nicht gut und habe mich daher in ein Café gesetzt, um etwas zu trinken. Als ich rausgekommen bin, habe ich den Lastwagen gesehen. Es war am Breitscheidplatz. Am 19. Dezember 2016. Welch ein Wunder, dass ich dem Anschlag entgangen bin!

Die Zeit vor Chanukka hat seitdem eine besondere Bedeutung für mich. Es hat etwas Symbolisches, dass Christen und Juden den Frieden und den Sieg des Lichtes über die Finsternis feiern.”

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