Liebes Christkind …
Sie sei eine richtige „Weihnachtstante“, sagt Ute Lingl über sich selbst. Vor 24 Jahren rief sie einen Weihnachtsmarkt für die Nürnberger Viertel Reichelsdorf und Mühlhof ins Leben und organisiert den Budenzauber seitdem alle Jahre wieder mit aufs Neue. Auch die Idee von einem eigenen Stadtteil-Christkind nebst Engelschar, die vor Ort Wunschzettel einsammeln, stammt von ihr. Die vielen, vielen Kinder-Briefe werden von der 71-Jährigen stets persönlich beantwortet. Mit goldigen Worten und ganz viel Herzenswärme.
Dialog mit dem Christkind
„Jedes Jahr kaufe ich einen goldenen Stift und verbringe bis Weihnachten so einige Abende damit, die Wunschzettel zu beantworten. Man braucht Muse dazu, das geht nicht so nebenbei. Wir haben zwar einen vorgedruckten Text, aber ich schreibe immer etwas Persönliches dazu, zum Beispiel: ‚Vielen Dank für dein schönes Bild‘. Dieser Dialog sollte stattfinden, denn den Kindern ist es sehr wichtig, dass das Christkind zurückschreibt. Einmal stand in einem Brief ,Liebes Christkind, du hast mir letztes Jahr nicht geantwortet‘. Wahrscheinlich stand damals keine Adresse dabei, das tut mir dann natürlich sehr leid, und ich kann verstehen, dass die Kinder traurig sind. Für sie ist das Christkind ja eine reale Person. Man sieht das auch, wenn man auf unserem Weihnachtsmarkt die Begegnungen der Kinder mit dem Christkind und seiner Engelschar beobachtet. Da kriegen sie Gänsehautmomente. Da kann man wirklich dieses Leuchten in den Augen sehen. Sie haben dann einen Blick, der ist ganz anders, als wenn sie etwa in einem Kaufladen stehen und sich was anschauen. Man sieht, sie glauben wirklich dran, das ist für mich Weihnachtszauber!
Kinderwünsche
Die Klassiker bei den Spielzeug-Wünschen sind oft immer noch Puppen, Autos oder Bausteine. Was häufig kommt, und mich wundert, sind Stifte, schöne Stifte zum Malen. Man denkt ja immer, Kinder wünschen sich heute alles hochtechnisiert, aber in dem Alter kommt noch kein Handy, das hatte ich tatsächlich noch nicht. Manche haben ganze Kataloge ausgeschnitten, und dann schreibe ich schon ein bisschen mit erhobenem Zeigefinger, aber liebevoll, dass nicht alle Wünsche erfüllt werden können, weil das Christkind schließlich alle Kinder der Welt beschenken muss. Das finde ich wichtig zu vermitteln: Dass man auch an andere denken und was abgeben muss.
Weihnachtmagie
Die berührenden Momente sind die, wenn Kinder etwas schreiben, was sie ganz arg bewegt. Ein Sechsjähriger schrieb mal, ‚liebes Christkind, lass meine zwei Uromas noch lange leben.‘ Ein anderer Junge wünschte sich, dass sein Papa wieder gesund wird. Oder ein kleines Mädchen, dass die Mama mehr Zeit für sie haben soll. Da merkt man, dass den Kindern durchaus bewusst ist, dass nicht alles selbstverständlich ist. Sie machen sich viele Gedanken und beschäftigen sich sehr mit solchen Dingen. Ich versuche dann immer etwas Tröstendes zu antworten. Von Weihnachten trägt man ja seine ganz eigenen Vorstellungen und die Traditionen aus der Kindheit in sich. Für mich war und ist diese Zeit immer eine besondere. Ich denke schon und wünsche mir, dass ich diesen Zauber durch die Beantwortung der Wunschzettel in Teilen weitergeben kann.“
Protokoll: Manuela Prill