KulTour - Kinder- und Familienführungen

Barocke Illusionskunst, architektonisches Meisterwerk, Weltkulturerbe – das Opernhaus in Bayreuth ist weit über die Landesgrenzen bekannt. Man weiß, dass ein bedeutender italienischer Architekt seine Finger im Spiel hatte und dass sich ein internationales Ensemble von Sängern und Sängerinnen hier versammelt hat. Doch viel interessanter ist das, was nicht jeder weiß und was man auf der Kinderführung erfahren kann.
Geschichte des Opernhauses
Heute kann man sich die Zeit ja ganz gut vertreiben, bevor man eine Familie gründet. Oder das mit dem Familie gründen gleich ganz sein lassen, wenn es nicht das ist, was man möchte. Früher war das anders, vor allem bei den Adligen: Kaum das Licht der Welt erblickt, schon ist man irgendeinem Königssohn sonst wo versprochen, und damit man sich mit dem überhaupt verständigen kann, muss man auch noch Französisch lernen. Und man konnte sich – abgesehen davon – kaum die Zeit vertreiben, bis die Alten abgedankt haben und man selbst mal ran durfte ans Regieren. Ein bisschen Handarbeiten, ein wenig gesittet spazieren gehen – da ist eine Oper wenigstens eine gute Abwechslung. Und wahrscheinlich war es vor rund 250 Jahren den jungen Damen auch total egal, ob diese Oper von ihrem Vater nur gebaut wurde, um eventuell feindlich gesinnte Nachbarn abzuschrecken.
Markgräfin Wilhelmine
So wie das Opernhaus in Bayreuth, das Markgraf Friedrich und seine Gattin Wilhelmine, eine preußische Königstochter, für ihre Tochter Elisabeth Friederike Sophie errichten ließen und das mehr Schein als Sein ist. Hier ist alles Fake. Weder die goldenen Blüten (Blattgold) noch der Marmor (spezielle Maltechnik) noch der Vorhang sind echt. Stoff war damals viel zu teuer und wurde daher kurzerhand durch Fichtenholz ersetzt. Denn davon hatte man ja genug, so mitten im Fichtelgebirge.
Theaterzauber- und Illusion
Doch von all dem ahnt man nichts, wenn die Türen das erste Mal aufgehen und man von der Loge aus einen fantastischen Blick ins Opernhaus hat. Ganz in der Tiefe der Bühne tanzen Videoinstallationen graziös über die Bretter, wirken fast wie Geister aus einer vergangenen Zeit. Es glänzt, glitzert und prunkt – man ist regelrecht erschlagen von der Pracht des Raumes. Die nächste Station ist die Bühne selbst, inklusive all der integrierten Technik. Die Kinder bekommen einen Eindruck davon, wie es ist, hier oben zu stehen, und erfahren, dass den Opernsängern anno dazumal keineswegs anmutig gelauscht wurde. Stattdessen wurde gegessen, getanzt und auch mal mitgegrölt – ähnlich einem heutigen Bierzelt.
Kinderführung und Theatermuseum
Die junge Dame, die die Führung leitet, erinnert entfernt an Mary Poppins, und man wundert sich fast, dass sie keine Stehlampe aus ihrer Tasche zieht. Alles hat sie dabei: Legobauwerke, um sich die Dimensionen und den Aufbau vorzustellen, die gleichen Utensilien, die auch auf den Wänden verewigt sind, und zusätzlich hat sie noch eine Menge Randinfos im Gepäck. Was ist ein Flohkäfig? Warum hat ein Kleid von damals mehrere Lagen und eine Schleppe? Warum heißt es „jemandem etwas abknöpfen“, und was hat die Pest damit zu tun, dass sich so mancher Adliger sein ganzes Leben lang nicht einmal wusch? Wobei man nach all diesen Ausführungen versteht, wieso das Parfüm damals wie Autan gerochen hat und wieso das Riechsalz so heftig sein musste. Dran riechen kann man dann im Anschluss an die Führung in dem kleinen Museum. Dort gibt es Duftproben von damals, eine kleine Bühne, die genauso aufgebaut ist wie die große und bei der die Kinder und Jugendlichen verschiedene Dinge ausprobieren können, indem sie etwa das Bühnenbild verändern oder Geräusche wie Regen produzieren.
Nach der Führung zum Anfassen kann man sich an der Eisdiele gegenüber stärken und in Ruhe darüber spekulieren, ob vielleicht das schöne Opernhaus der Grund war, warum Elisabeth Friederike Sophie bereits vor dem Ableben ihres werten Gatten nach Bayreuth zurückkehrte und fortan im Schloss Fantaisie wohnte. Vielleicht war aber auch die Nase der jungen Frau besser als die der meisten damals und sie zog es vor, allein zu sein statt neben jemandem schlafen zu müssen, der sich seit Jahrzehnten nicht gewaschen hat. Wer weiß.
Adresse:
Opernstraße 16, 95444 Bayreuth
April–September: täglich 9–18 Uhr
Oktober–März: täglich 10–16 Uhr
Eintrittspreise: 10,- €// erm. 9,- €
Karten online unter bayreuth.bsv-ticketshop.de