Klinikclowns

"Wir schlagen kleine Lücken in die Angst"
Klinikclowns
Sie kommen jede Woche in das Klinikum Nürnberg Süd, das Klinikum Fürth und die Universitätsklinik Erlangen und sorgen für heilsame Ablenkung bei kleinen Patienten: die Klinikclowns vom Clownprojekt e.V.. Wir haben uns mit Lea Schmocker getroffen, die als Annerösli Kinder, denen es nicht so gut geht, im Krankenhaus besucht. In einem kleinen Interview hat sie uns mehr über die Arbeit des Vereins erzählt.

Liebe Lea, zunächst Danke für Deine Zeit. Erzähl doch bitte, wer hat das Clownprojekt gegründet?

Wir selber. Also es sind nicht alle jetzigen Clowns seit dem Anfang 1999 dabei, aber es gibt noch aktive Gründungsmitglieder. Alle sind freischaffende Künstler mit unterschiedlichsten Nationalitäten:  Deutsche, ein Schwede, eine Französin, ein Türke, ein Slowene, eine Tschechin, ich als Schweizerin. Aber wir sind ein regionaler Verein. Wir leben alle hier und das Clownprojekt gibt es nur in Nürnberg, Fürth und Erlangen.

Wie seid Ihr organisiert?

Seit der Gründung hat sich viel entwickelt. Wir haben einen Vorstand und eine künstlerische Leitung aber eigentlich tragen wir alle gemeinsam das Clownprojekt. Jeder hat seine Zuständigkeit und davon lebt es auch, denn für jeden von uns ist es ein Herzensprojekt.
Einmal im Monat gibt es ein Training um am Zusammenspiel und den Clownfiguren zu arbeiten und auch um sich über gemachte Erfahrungen auszutauschen.

Wie läuft ein Clownsbesuch ab?

Zunächst unterscheiden wir uns von den meisten anderen Klinikclowns dadurch, dass wir nicht als Ärzte verkleidet unterwegs sind. Wir arbeiten immer zu zweit und sind pro Besuch circa 3 Stunden unterwegs. Jeder hat seine eigene Clowns-Figur und auf dieser Grundlage wird improvisiert, das heißt wir haben keine vorbereiteten „Nummern“. Man hat natürlich sein Handwerkszeug aber die eigentlichen Geschichten entstehen im direkten Kontakt mit dem Kind und natürlich auch mit den Eltern - ein großer, wesentlicher Punkt.

Gibt es auch Kinder, die Angst vor Euch haben?

Ja die gibt es auch und da machen wir auch überhaupt keinen Druck. Wir sind generell ganz vorsichtig. Zunächst fragen wir auf der Station wo wir reindürfen, dann klopfen wir und gehen ganz behutsam ins Zimmer um die Situation zu checken. Man darf auch sagen: nein ich will nicht.
Gezwungen wird niemand. Es ist unser Anliegen, die Kinder genau da abzuholen , wo sie sind. Die Stimmungslagen sind ja sehr unterschiedlich, und oft geht’s den Kindern ja auch sehr schlecht, sie haben Schmerzen, es ist ihnen über etc... und wir müssen ganz wach sein und spüren, was möglich ist an Spielangeboten und direktem Kontakt.
Wenn ein Kind zum Beispiel sehr ängstlich und schüchtern ist, dann bietet es sich an, vor allem mit dem Clownpartner zu spielen und das Kind darf dann einfach zuschauen aus sicherer Distanz und sich freuen.
Es geht nie um Schenkelklopfhumor. Oft ist es schon ein grosser Erfolg, wenn das Kind kurz aufhören kann zu Weinen.

Wissen die Kinder, dass Ihr kommt?

Meistens. Besonders in Erlangen auf der Onkologie wird vorher gefragt, wo wir willkommen sind. Wobei es dann meistens passiert, dass wir in den Gängen unterwegs sind und plötzlich geht eine Tür auf und wir werden doch hereingebeten. Das muss man mit einrechnen, denn man teilt sich ja seine Energie ein. Schließlich kann man nicht nein sagen wenn man zu einem Kind gerufen wird.

Was passiert bei Euren Besuchen?

Ein Clownsbesuch funktioniert nie unter Druck, sowohl für den Clown, als auch für den kleinen Zuschauer oder die kleine Zuschauerin. Die Geschichte entsteht ja in der Situation. Oft sind das ganz kleine Momente und es gibt auch Kinder, die ganz wenig reagieren.
Als ich anfing als Clown war es nicht leicht: Wenn man keine Reaktion bekommt hat man das Gefühl, man hätte es irgendwie nicht geschafft. Mit der Zeit merkt man dann aber, dass es ganz kleine, feine Dinge sind zwischen den Kindern und den Clowns. Manchmal hat man durch den Besuch „nur“ die Atmosphäre in einem Zimmer verändert. Für den Moment hatten alle kurz Urlaub von der Krankheit.

Wie schwer ist es, diese Begegnungen zu verdauen?

Die Maske ist eine ganz wesentliche Hilfe, damit umzugehen. Wenn Du die Nase aufhast bist Du in deiner Figur und hast auch einen Schutz. Bei mir ist es das Annerösli, das den Kindern begegnet, aber das bedeutet nicht, dass die Lea danach nicht auch mal total fertig ist und traurig.
Während des Spiels passiert einem das aber schönerweise eben durch die Clownsfigur eher selten, aber natürlich ist man manchmal dünnhäutiger, je nach Tagesform und eigenem Befinden, so dass auch die Maske keinen Schutz mehr bietet.

Durch Eure Clownsfiguren habt Ihr ja auch andere Möglichkeiten als zum Beispiel die Ärzte.

Absolut. Wir können alles anders bewerten, zum Beispiel die fremde Umgebung in einem Krankenhaus, das Krankenbett, die Medikamente, den Tropf....
Oder wenn es piepst, weil der Blutdruck zu hoch ist, machen wir vielleicht mit dem Ton Musik und so weiter.
Das heißt nicht, dass die Situation danach unbedingt besser ist, aber wir haben den Dingen und Gefühlen etwas anderes hinzugefügt. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass der Mensch nur ein Gefühl nach dem anderen haben kann, das heißt wenn Du lachst kannst Du nicht gleichzeitig Angst haben. Wir schlagen kleine Lücken in die Angst, wie Vitaminschübe.

Mit welchem Geld finanziert sich denn das Clownprojekt?

Wir kümmern uns selbst um Spenden, die die Auftritte möglich machen. Die Arbeit ist in der Hauptsache ein Geschenk an die Krankenhäuser und vor allem an die Kinder. Wir sind unseren Sponsoren sehr dankbar und bemühen uns um einen guten Kontakt zu allen, die uns unterstützen.

Das heißt aber auch, wenn es nicht möglich ist, Unterstützer zu finden, können die Clowns auch keine Besuche mehr machen.

So sieht es aus. Wir hatten vor vierJahren einmal ein Tief, wo wir die Auftritte reduzieren mussten. Das war bitter und wir arbeiten alle daran, dass die Besuche etwas bleiben, womit die Kinder rechnen können.

Dann drücken wir die Daumen, dass sich - vielleicht auch durch dieses Interview - Menschen finden, die genauso begeistert von Eurer Arbeit sind wie wir. Vielen Dank für das tolle Gespräch!

 

Protokoll Simone Voggenreiter, 2019

Clownprojekt e.V.
Deutschherrenstraße 15
90429 Nürnberg
www.clownprojekt.de

Spenden kann man ganz einfach über die Website,
über die Facebook-Seite
oder durch eine Überweisung an
Clownsprojekt e.V.
GLS Gemeinschaftsbank
IBAN: DE71 4306 0967 6000 1654 00
BIC: GENODEM1GLS

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