Geheimnisse der Nacht
Der Wald ist nicht nur tagsüber ein spannender „Spielplatz“. Vor allem in der Dämmerung und nachts offenbart er seinen Besuchern eine faszinierende Kombination aus Geräuschen und Gefühlen – das verborgene Leben im Dunkeln ist nahezu mystisch.
Während viele Tiere sich für die Nacht zur Ruhe begeben, wachen andere jetzt erst richtig auf. Eulen durchstreifen lautlos die Baumkronen auf der Suche nach Beute, während Waldfledermäuse elegante Flugmanöver vollführen, um sich Insekten einzuverleiben. Dachs und Fuchs kommen nachts aus ihren unterirdischen Bauten und durchstreifen das Unterholz auf der Suche nach Nahrung, während der unverwechselbare Ruf des Waldkauzes die Stille durchbricht.
Spannende Nachtwanderung
Wer im Wald übernachten möchte, der muss allerdings jemanden kennen, der einen Wald besitzt, einen Bauern zum Beispiel. Denn es braucht dessen Erlaubnis. Einfach so darf man das nicht, schon allein aus Naturschutzgründen. Was aber erlaubt ist, ist eine Wanderung in der Nacht – wobei man hier auch besser den zuständigen Jäger informiert, schon allein deswegen, weil in der infrage kommenden Jahreszeit Jagdsaison ist und ein plötzlicher Schuss mitten in der Nacht einem einen Riesenschrecken einjagen kann.
Eine Nachtwanderung im Wald bietet einzigartige Sinneserfahrungen – ist aber für die Ängstlichen unter uns eine wahre Herausforderung. Denn Geräusche, die tagsüber kaum wahrnehmbar sind, werden nachts gefühlt richtig laut: das Rascheln der Blätter im Wind, das Knacken von Ästen unter dem Gewicht eines umherstreifenden Tieres oder das leise Plätschern eines Baches. Die Luft ist erfüllt von Düften und Gerüchen, die umso intensiver erscheinen, wenn die Dunkelheit die Sinne schärft.
Wichtige Vorbereitungen
Eine Nachtwanderung im Wald birgt einige Herausforderungen und es braucht ein paar Vorsichtsmaßnahmen. Feste Schuhe und lange Kleidung sind ein Muss, genau wie Taschen- bzw. Stirnlampen sowie ein geladenes Handy und eine gute Planung der Route. Es ist ratsam, sich vorher genau zu informieren, welche Tiere in dem Waldstück wohnen und um welche Jahreszeit es nicht so sinnvoll ist, nachts zwischen den Bäumen umherzustreifen, nämlich zum Beispiel dann, wenn die Wildschweine im Frühjahr Junge haben. Die Elterntiere können bis zu 200 Kilo auf die Waage bringen und haben beeindruckende Zähne, die sie – auch wenn sie eigentlich scheu und friedlich sind – bei vermeintlich drohender Gefahr für ihren Nachwuchs einsetzen würden. Und nicht zu vergessen: Es gibt auch bisweilen wandernde Wölfe in unseren Wäldern, auch wenn sich in Bayern mit derzeit zwei Rudeln und vier Paaren noch relativ wenige der Tiere angesiedelt haben – im Vergleich zum Beispiel zu Brandenburg oder Niedersachsen, wo jeweils rund 40 Rudel unterwegs sind.
organisierte Nachterlebnisse
Eine Nachtwanderung im Wald sollte man immer nur in kleinen Gruppen durchführen und die Wege dabei auf keinen Fall verlassen. Deutlich ungefährlicher und mindestens genauso spannend ist es, an geführten Aktionen teilzunehmen, wie zum Beispiel bei einer nächtlichen Führung des Baumwipfelpfades Steigerwald, bei der man nicht nur den Sternenhimmel oder den Mond bewundern kann, oder bei einem Streifzug durch die Dämmerung im Nürnberger Tiergarten. Wer es noch spannender möchte, der kann einen Abend unter Wölfen im Wildpark Schloss Tambach verbringen. Oder sich spätabends im Naturpark Fränkische Schweiz am Staffelberg mit Fledermausdetektor und Lichtfalle den Geschöpfen der Nacht nähern. Im Rahmen der organisierten Gruppe ist man sicher und hat gleich auch noch einen Ansprechpartner, der einem alle Fragen rund um die nächtlichen Vorgänge im Wald beantwortet und der weiß, warum es hier knackt und da raschelt.
Text: Simone Blaß, Titelthema ELMA #28, der Wald