Die Krankenhaus-Schule
Manchmal dauert es mit dem Gesundwerden etwas länger. Was, wenn Kinder und Jugendliche Wochen oder gar Monate im Krankenhaus verbringen müssen und nicht zur Schule gehen können? Was viele nicht wissen: Es gibt Unterricht im Hospital. Ein Besuch in der „Schule für Kranke“ am Südklinikum Nürnberg.
Schule für Kranke in Nürnberg
Drei Wochen sind es schon, seitdem Mathilda* in der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Nürnberger Südklinikum aufgenommen wurde. Wie lange sie bleiben wird, weiß sie noch nicht, wahrscheinlich noch eine ganze Weile. Die Schule ist gerade ihre kleinste Sorge, trotzdem ist die 14-Jährige froh, dass sie auch hier Unterricht hat. „Es würde mich schon stressen, wenn ich zu viel verpassen würde.“ Ohne die Schulstunden auf der Station, sagt Mathilda, hätte sie das Gefühl, dass ihr „der Stoff aus den Händen rinnt“. Druck ist nie förderlich fürs Gesundwerden.
Schule ohne Druck
Daher geht es in der „Schule für Kranke“ vor allem darum, Druck rauszunehmen. Es gibt keine Prüfungen, keine Noten, keine Leistungserwartung. „Die Therapie geht vor“, betont Lehrerin Stefanie Lorenz, die hier unter anderem Englisch unterrichtet. Staatliche Schulen für Kranke gibt es an vielen Kliniken in ganz Bayern, sie decken alle Klassenstufen ab, von der Grundschule bis zum Abitur. Denn Schulpflicht bedeutet auf der einen Seite, dass „schulpflichtige Kinder im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet sind, am Unterricht in der Schule für Kranke teilzunehmen“ – so steht es in der Krankenhaus-Schulverordnung –, auf der anderen Seite, dass Schüler auch ein Recht auf Bildung haben, wenn sie länger krank sind.
am Schulstoff dranbleiben
Ein Ziel ist, dass die jungen Patienten am Schulstoff dranbleiben, während gleichzeitig Rücksicht auf ihren individuellen Zustand genommen wird. Unterricht in den Hauptfächern findet regelmäßig statt, aber nicht von acht bis eins, wie man es von normalen Schulen kennt. Die Zeitfenster sind kleiner, „wir versuchen, Lerngruppen zu bilden, schulart- und fächerübergreifend“, erklärt Lorenz. So entstünden oft fruchtbare Synergien. Es gibt am Südklinikum ganz normale Klassenzimmer, mit Whiteboards und Beamer, nur eben mit vier statt mit zwanzig Schulbänken. Wenn nötig, kommen die Lehrer auch ans Krankenbett. Stundenpläne werden wöchentlich erstellt, Lernziele eng mit den Stammschulen der Kinder abgestimmt. „Manchmal muss man das Fachliche aber auch mal beiseiteschieben“, so Lorenz. Wenn Tränen fließen oder sich Gesprächsbedarf zu ganz anderen Themen auftut. Dafür soll und darf Platz sein in der Schule für Kranke.
Hilfe für die ganze Familie
Doch: „In vielen Gesprächen mit unseren Schülerpatientinnen und -patienten sowie deren Eltern stellt sich immer wieder heraus, dass unsere Schulart nicht bekannt ist. Das ist in Anbetracht der Tatsache, dass wir Lernprozesse oft individueller begleiten können und so näher an den schulischen Nöten und Anliegen dran sind, oft schade.“ Vielleicht würde allein das Wissen darüber bei allen Beteiligten schon im Vorfeld Druck rausnehmen und dem Krankenhausaufenthalt zumindest einen Schrecken nehmen. Mathilda ist zuversichtlich, dass sie trotz ihrer wochenlangen Abwesenheit den Sprung in die neunte Klasse schaffen wird. Dafür nimmt sie auch Hausaufgaben in Kauf. Denn ja, die gibt es in der Krankenhausschule ab und an auch.
Kontakt:
Staatliche Schule für Kranke Nürnberg-Fürth
Telefon: 0911 – 33 28 53
Allgemeine Infos zu Schulen für Kranke in Bayern:
km.bayern.de/eltern/schularten/schule-fuer-kranke.html
*Name geändert
Text: Manuela Prill