Asthma, Bronchitis und Pfeifenputzer

Was Kinderlungen belastet
Kleine Kinderärztin

Ob Atemnot oder schlimmer Husten – Beschwerden der Lunge oder der Atemweg sind bei Kindern sehr häufig und haben oft beunruhigende Symptome. Auch wenn nicht immer eine schwerwiegende Erkrankung dahintersteckt, sollten Eltern einen Arzt aufsuchen, wenn die Probleme über Monate anhalten oder immer wieder kehren. Ganz besonders dann, wenn die Ursachen unklar sind.

Rund ein Viertel der 5.000 Kinder, die in der Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche des Klinikums Nürnberg pro Jahr stationär aufgenommen werden, kommen wegen Problemen der Atemwege oder der Lunge. Die Zahl der ambulant behandelten Kinder ist um ein Vielfaches höher. Das zeigt deutlich, wie wichtig das Fachgebiet der Kinder-Pneumologie, wie man die Lungenheilkunde speziell für Kinder nennt, ist. Dr. med. Dr. habil. Michael Kandler, der zuständige Oberarzt und Facharzt für Kinder-Pneumologie, berichtet über die häufigsten Erkrankungen und Verletzungen, die ihm Tag für Tag begegnen.

 

Atemwegserkrankungen bei Kindern

Mit welchen Erkrankungen kommen die Kinder in die Kinder-Pneumologie?
Dr. Kandler: Das ist ganz unterschiedlich. Akute und chronische Erkrankungen kommen gleich häufig vor. Zu den häufigsten akuten Erkrankungen gehören Infektionskrankheiten wie obstruktive Bronchitis, Lungenentzündungen aber auch Tuberkulose. Chronische Störungen der Atemwege wie Asthma, angeborene Fehlbildungen und Stoffwechselerkrankungen wie Mukoviszidose können ebenfalls Atemnot und Husten auslösen und bei Kindern und Eltern zu viel Angst und Sorge führen.
Zu den angeborenen Störungen gehören etwa Fehlbildungen der Atemwege oder anderer Organe, die direkte Auswirkungen auf die Atemfunktion haben. Erworbene Störungen der Atemwege können Lungenüberblähungen oder Störungen der Atemwegsoberfläche sein. Beispielsweise können die Flimmerhärchen in den Atemwegen von Geburt an in ihrer Flimmerbewegung gestört sein, was zu Entzündungen der oberen und unteren Atemwege führen kann. Diese Kinder fallen oft durch eine große Zahl an Mittelohrentzündungen auf.
Auch die Umwelt übt eine große Rolle auf die Atemwege der Kinder aus. Tabakrauch in der Wohnung –  dazu gehören auch Küche oder Badezimmer – führt sehr häufig zu Bronchitiden, die dann schwer von einem Asthma oder einer infektbedingten obstruktiven Bronchitis zu unterscheiden sind. Ebenso spielt die nächtliche Raumtemperatur im Kinderzimmer eine wichtige Rolle. Überheizte, trockene Luft reizt die Atemwege erheblich.

Wie sieht eine pneumologische Behandlung aus?
Dr. Kandler: Das ist ganz individuell und hängt von der jeweiligen Störung oder Erkrankung ab. Am Anfang steht immer ein gründliches Gespräch mit den Eltern, um die Zusammenhänge zu verstehen. In diesem Rahmen beruhigen wir auch erst einmal die Eltern und die Kinder. Denn Atemprobleme und schwerer Husten sind erst einmal sehr besorgniserregend, auch wenn in vielen Fällen keine schwerwiegende Erkrankung vorliegt. Um herauszufinden, um welche Störung oder Erkrankung es sich genau handelt, spielen unterschiedliche medizinische Disziplinen zusammen. Dazu gehören Lungenfunktionsmessungen, die wir selbst schon bei Kleinkindern durchführen können, bildgebende Verfahren wie Röntgen oder CT und natürlich die ganze Bandbreite der Kinder- und Jugendmedizin. So können wir feststellen, weshalb ein Kind hustet, ob verkrampfte Atmungsorgane dafür verantwortlich sind oder andere Ursachen vorliegen. Und obwohl die Diagnostik und Therapie in der Kinder-Pneumologie sehr differenziert und hochtechnisiert sind, gelingt es, die Messungen altersgerecht an die Kinder heran zu bringen.

Fremdköper einatmen

Wie kommt es dazu, dass Kinder Gegenstände einatmen?
Dr. Kandler: Kinder setzen sich intensiv mit ihrer Umgebung auseinander – und das mit allen Körperoberflächen, die sich ihnen bieten. Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern gehört dazu auch, dass sie Gegenstände in den Mund nehmen. Und genau das kann zu Unfällen durch verschlucken oder einatmen von Fremdkörpern führen. Häufig passiert das, wenn sehr junge Kinder Spielzeug ihrer älteren Geschwister in die Hände bekommen und davon Teile in den Mund nehmen. Das Gleiche gilt für Nahrungsmittel wie zum Beispiel Nüsse. Die Kinder sehen, wie Eltern oder ältere Geschwister diese essen und wollen das natürlich auch selbst probieren. Erschrickt oder stolpert das Kind, werden das Spielzeug oder die Nuss nicht nur verschluckt, sondern manchmal eingeatmet.

Welche Klassiker gibt es bei eingeatmeten Fremdkörpern?
Auf jeden Fall die schon erwähnten Kleinteile bei Spielzeug. Nicht umsonst steht auf allem kleinteiligen Spielzeug die Warnung gedruckt, es Kindern unter drei Jahren nicht in die Hand zu geben. Diese Warnung sollten Eltern unter allen Umständen berücksichtigen. Auch die ebenfalls schon genannten Nüsse muss ich immer wieder aus den Bronchien meiner Patienten entfernen. Ein schwieriges Unterfangen, denn anders als Plastikspielzeug zersetzen sich diese organischen Substanzen langsam, aber stetig. Die Nuss wird instabil, bei der Entfernung kann sie zerbrechen. Das dabei freigesetzte Nussöl ist sehr schädlich für die Lunge. Ebenfalls gefährlich kann es werden, wenn ein Kind Knopfbatterien eingeatmet – oder übrigens auch verschluckt – hat. Durch das feuchte Milieu im Körper entladen sich die Batterien, es kommt zur Schädigung des anliegenden Gewebes. Wenn die Batterie länger im Körper verbleibt, kann sie undicht werden. Die dabei freigesetzten Chemikalien führen zu schweren Verätzungen. Neben diesen besonders typischen und besonders problematischen Gegenständen musste ich aber auch schon Plastikfolie, Pfeifenputzer und anderes aus den Bronchien meiner Patienten entfernen.

 

Behandlung bei Fremdköpern in der Lunge

Wie alt sind die Kinder, die Sie üblicherweise behandeln?
Meistens handelt es sich tatsächlich um Kleinkinder im Alter von circa eineinhalb bis vier Jahren. Doch auch schon bei einer Achtjährigen, die meinte, mit dem Mund voller Kartoffelchips Trampolin springen zu müssen, mussten wir tätig werden.

Wie wird ein Kind behandelt, das einen Fremdkörper eingeatmet hat?
Manchmal kommen die Familien mit einer klaren Anamnese und berichten vom plötzlichen Husten nach dem das Kind unerlaubt Nüsse vom Tisch erwischt hatte. In vielen Fällen ist der eigentliche Vorfall aber unbeobachtet oder sogar unbemerkt geblieben ist. Erst Tage, manchmal auch Wochen später bekommt das Kind einen Husten ohne erkennbare Ursache. In jedem Fall müssen wir als erstes herausfinden, um was es sich genau handelt und wie lange der Unfall selbst schon her ist. Mittels Röntgenbild wird überprüft, ob bereits eine Schädigung der Lunge vorliegt. Den Fremdkörper auf dem Bild zu finden ist in den meisten Fällen kaum möglich, da auf Röntgenbildern organische Substanzen und Plastikteile nicht sichtbar werden. Dann bleibt nur die Bronchoskopie – die Lungenspiegelung.

Wie läuft das ab?
Unter Narkose wird dem Patienten ein flexibles Bronchoskop in die Bronchien geschoben. Mithilfe des Instruments durchsuchen wir dann die Lunge. Ist der Fremdkörper gefunden, wechseln wir das flexible Endoskop gegen ein starres und entfernen den Fremdkörper. Das ist eine aufwändige Technik, denn das starre Bronchoskop ist ein Metallrohr durch dessen Inneres Lichtleiter und Zangen bis tief in die Lunge vorgeschoben werden können.

Was raten Sie Eltern, deren Kind wahrscheinlich einen Fremdkörper eingeatmet hat?
Hier ist die Aufmerksamkeit der Eltern und Ärzte wichtig, damit der Verdacht auf einen eingeatmeten Gegenstand überhaupt erst entsteht. Ist das der Fall, sollten die Eltern den Fremdkörper so schnell wie möglich entfernen lassen. Verbleibt er zu lange in der Lunge, beginnt der Körper den Eindringling zu verkapseln. Bei der Entfernung kann das zu Schäden oder sogar Löchern im Lungengewebe führen. Je früher die Aspiration, wie man medizinisch das Einatmen nennt, erkannt wird, desto einfacher bekommen wir den Fremdkörper in den meisten Fällen aus der Lunge heraus.

Wie lassen sich solche Unfälle vermeiden?
Eltern und andere Aufsichtspersonen sollten streng darauf achten, Kindern unter drei Jahren keine Kleinteile zum Spielen und keine Nüsse oder ähnliches zum Essen zu geben. Wenn dann noch die alte Regel berücksichtigt wird, nur im Sitzen zu essen, lassen sich viele dieser Unfälle vermeiden. Denn so eingespielt unser Aspirations-Team ist – uns ist es lieber, wenn wir nichts aus Lungen und Bronchien holen müssen.

Text Barbara Lager (Klinikum Nürnberg)

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