Ansbach besuchen

Ein Spaziergang mit Ansbachs größtem Promi
Blick vom Herrieder Tor in Ansbach

Für Kaspar Hauser wäre es sicher merkwürdig heute in der Kaspar-Hauser-Straße in Ansbach zu stehen, in einer Straße, die nach ihm benannt ist und vor einem Museum, das sich mit seiner Lebensgeschichte und seinem mysteriösen Tod beschäftigt.

Kaspar Hauser in Ansbach

Kaspar Hauser, das “Findelkind Europas”, gilt als der bekannteste Ansbacher – quasi ein Promi! Im Mai 1828 tauchte ein verwahrloster Junge am Nürnberger Unschlittplatz auf. Abgesehen von seinem Namen konnte er kaum sprechen. Nach einem missglückten Mordanschlag in Nürnberg im Jahr 1829 wurde Kaspar Hauser nach Ansbach gebracht. Bereits seit seiner Kindheit soll er eingesperrt und ohne soziale Kontakt zu anderen Menschen festgehalten worden sein. Wer er war und wo er herkam? Unklar. Gerüchte sagen, er sei ein Erbprinz von Baden. Andere sehen in ihm einen Hochstapler. Das Interesse an der Persönlichkeit ist bis heute nicht erloschen. In Ansbach hat der junge Mann auf jeden Fall Spuren hinterlassen.

Markgrafenmuseum Ansbach

Zeit diese Spuren einmal zu verfolgen: Nicht weit entfernt des Markgrafenmuseums liegt das Café Kaspar Hauser in einer kleinen Seitenstraße. Die Bilder an der Fassade zeigen verschiedene Lebenssituationen und -orte des Jungen. Kaspar Hauser würde vermutlich bei den veganen Muffins in der Auslage schwach werden – die muss man einfach kosten! Einen Steinwurf entfernt könnte er seinen Snack im Zumach-Gärtchen genießen und sich die ersten Sonnenstrahlen des Jahres auf die Nase scheinen lassen. Gar nicht so unwahrscheinlich, denn gleich um die Ecke, in der Pfarrstraße, hat Hauser gewohnt. Eine Tafel am Haus mit der Nummer 18 erinnert an seinen Aufenthalt.

Ansbacher Skulpturenmeile

Gut gestärkt muss Kaspar Hauser nicht weit gehen, um am Montgelasplatz auf sein abstraktes Ebenbild zu stoßen. Eine sitzende Figur umschlingt einen Baum, ihr Körper ist komplett mit nur schwer identifizierbaren Worten überzogen. Einen Bezug zum menschlichen Körper sollen die Worte haben. Das Stück ist Teil der Ansbacher Skulpturenmeile - eine Ausstellung moderner Kunst im öffentlichen Raum, die regelmäßig um durchaus streitbare Stücke erweitert wird.
Ich stelle mir vor, wie sich Kaspar Hauser an einem sonnigen Samstagvormittag hier, am Montgelasplatz, unter die Fußgänger in der beschaulichen 41.000 Einwohner-Stadt mischt und über den Wochenmarkt spaziert. Zweimal pro Woche verschwinden die Skulpturen in einem Meer (na gut, vielleicht ist es eher ein See) aus Marktständen. Vielleicht sind ihm aber auch die kleinen Läden in der Neustadt lieber? Anders als in anderen Innenstädten reiht sich hier nicht die leuchtenden Schilder großer Handelsketten aneinander. Nein, in den Schaufenstern bekommt Kaspar Hauser alles von Seife über Wolle, Edelsteine, Comics, Videospiele und sogar Ohrlöcher kann er sich hier stechen lassen. Welcher Wunsch bleibt da schon offen?

Ende im Hofgarten Ansbach

Zurück zur Spurensuche: Ebenfalls in der Neustadt findet der Ansbacher Promi sein eigenes Denkmal. Das Kaspar-Hauser-Denkmal zeigt zwei Figuren: Hauser, wie er bei seinem Auftauchen in Nürnberg ausgehende haben könnte und Hauser als Erwachsenen - vorsicht, Spoiler - am Tag seiner Ermordung. Der Plan, den Jungen nach Ansbach in Sicherheit zu bringen, war leider nicht besonders erfolgreich. Die letzte Station führt uns in den Hofgarten Ansbach. Hier endet die Geschichte unseres Begleiters auf tragische Weise: Am 14. Dezember 1833 lockte ihn ein Unbekannter in den Garten und stach ihn nieder. Kurz darauf starb Kaspar Hauser an den Verletzungen. Ein Gedenkstein erinnert an den Anschlag: “Hier wurde ein Geheimnisvoller geheimnisvollerweise getötet.” Hausers Geschichte hatte leider kein Happy End. Wer darauf erst einen kleinen Absacker braucht, ist im Café Klatsch an der richtigen Adresse. Der Laden ist eine echte Institution in Ansbach und nicht nur unter den Studenten für sein Kneipenquiz bekannt. Ob Kaspar Hauser das gefallen hätte? Mit dem Wissensstand aus dem 19. Jahrhundert hätte er wohl keine Chance auf den Sieg, aber in diesem Sinne, Prost, Kaspar!

Wer Lust hat die Spuren des Findelkindes einmal selbst nachzuverfolgen, der kann die Rundgänge der Stadt Ansbach nutzen. Darf es etwas digitaler sein? Dann ist der DigiWalk, ein Projekt der Hochschule Ansbach, das richtige: Bedeutende Gebäude in Ansbach erzählen ihre Geschichte schlichtweg selbst und geben tiefe Einblicke selbst bei verschlossenen Türen. Einfach QR-Code an den Häusern mit dem Smartphone (und der App “DigiWalk”) scannen und los geht’s!

Text: Lisa Vogel, ELMA #14, Feb/März 2022
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Weitere Adressen und Links:

Zumach-Gärtchen, Pfarrstraße 9, 91522 Ansbach

Ansbacher Skulpturen-Rundgang

Wochenmarkt & Weihnachtsmarkt, Johann-Sebastian-Bach-Platz 1, 91522 Ansbach
https://www.ansbach.de/Freizeit-G%C3%A4ste/Kunst-Kultur/Feste-M%C3%A4rkte/Wochen-Bauernmarkt-Jahrm%C3%A4rkte-Kirchweihen/

Kaspar Hauser Rundgang, Startpunkt, Kaspar-Hauser-Platz 1, 91522 Ansbach
https://www.ansbach.de/media/custom/2595_847_1.PDF?1493033085

Virtueller Stadtrundgang, Startpunkt: Residenz Ansbach, Promenade 27, 91522 Ansbach
https://www.digiwalk.de/walks/ansbach-city-sightseeing/de
Hofgarten und Orangerie, Promenade 33, 91522 Ansbach

Café Klatsch, Kronenstraße 1-3, 91522 Ansbach

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