Geheimsprachen
Von Nachrichtendiensten im ganz stillen Kämmerlein entwickelt oder in den Spielzimmern unserer Kids erfunden – Geheimsprachen sind eine feine Sache, will man Dinge kommunizieren, die nicht für jedermanns Ohren bestimmt sind. „icochoh momagog dodicochoh“: Hä? Ihr versteht nur Bahnhof? Das ist der Sinn der Übung. Aber weil wir unter uns sind: Wer seine Botschaften so verschlüsselte, wie man diesen und andere Codes kreiert bzw. knackt, verraten wir gleich.
Kauderwelsch?
„Da da daa!“ – „Dadda, dada, dadadadaa!“ Vor ein paar Jahren ging ein Video viral, in dem ein Baby-Zwillingspaar eine ungemein angeregte und offenbar sehr lustige Unterhaltung führt. Was die kleinen Windel-Dadaisten so amüsiert, bleibt für Außenstehende ein Geheimnis. Es scheint, als hätten die beiden eine nur ihnen zugängliche Sprache gefunden, verstehen tun sie sich jedenfalls prächtig. Kinder lieben es, eigenen Kauderwelsch zu entwickeln. Sie machen das intuitiv, oder, je älter sie werden, ganz bewusst. Warum, ist leicht zu durchschauen: Eltern (Lehrer, die aus der Parallelklasse …) müssen ja nicht alles wissen. Teil einer verschworenen Gemeinschaft zu sein, fühlt sich herrlich verwegen an und der Spaßfaktor ist enorm.
Sprache als kreativer Entwicklungsfreiraum
Einmischen? Lieber nicht! Kinder erschaffen sich dadurch einen kreativen Entwicklungsfreiraum und trainieren ganz nebenbei ihr Sprachgefühl. Diese Mini-Geheimniskrämerei darf man ihnen getrost lassen. Und, mal ehrlich: Eltern (Lehrer, die aus der Parallelklasse …) müssen wirklich nicht immer alles mitkriegen. Im Gegenzug haben wir Erwachsene ja ebenso unsere Kniffe, um untereinander Nachrichten auszutauschen, die nicht für Kinderohren bestimmt sind. Solange die Kleinen noch nicht in der Schule sind, klappt Buchstabieren gut. Dann ist der Chef eben ein „D-E-P-P“, und zum Geburtstag gibt’s ein „D-R-E-I-R-A-D“. Man kann auf Fremdsprachen switchen oder sich für besonders heikle Themen unverfängliche Codewörter ausdenken.
Verschlüßelte Kommunikation
Geheimsprachen und -schriften gibt es seit Jahrtausenden. Wir Menschen neigen eben dazu, Geheimnisse zu haben. Wir sind kommunikative Wesen, wollen aber nicht immer von allen verstanden werden – weil wir uns abgrenzen möchten oder schützen. Julius Cäsar schickte verschlüsselte Nachrichten an seine Streitführer, um Feinden ein Schnippchen zu schlagen. Leonardo da Vinci pflegte Notizen in Spiegelschrift anzufertigen. Bestimmt schrieben sich Romeo und Julia geheime Liebesbotschaften – wie unzählige Liebespaare vor und nach ihnen. Manche (Berufs-)Gruppen entwickelten eigene Sprachen, Jargons und Slangs: Kaufleute, Zauberer, Freimaurer, fahrendes Volk, Diebe, die Mafia. Hochkonjunktur haben Geheimsprachen vor allem in Kriegszeiten. Militär und Geheimdienste sind Experten in Sachen Kryptologie – der Wissenschaft der Verschlüsselung. Aber nicht nur Agenten der CIA oder des MI6 wissen, wie man Codes kreiert bzw. knackt – wir können das auch!
Löffelsprache
Braucht etwas Übung, hört sich flott gesprochen jedoch super geheimnisvoll an. Hinter jedem Vokal wird ein -lew angehängt und der entsprechende Vokal nochmals wiederholt. „Ich mag dich“ wird so zu „ilewich malewag dilewich“.
Vertausch-Sprache
Die Anfangsbuchstaben eines jeden Wortes ersetzt man durch einen beliebigen Buchstaben; fängt das Wort mit einem Vokal an, wird der Buchstabe davorgesetzt. Unser Beispiel heißt dann: „tich tag tich“.
Geheim-Latein
Für die Schlaubi-Schlümpfe unter euch: An jedes Wort einfach die Silbe -us anhängen. >> „ichus magus dichus“.
Erbsensprache
Ergibt einen lustigen Kauderwelsch, zieht sich allerdings in die Länge. Man füge nach jedem Buchstaben das Wort „Erbse“ ein, nach einem Vokal nur „rbse“. >> „irbse, cerbse, herbse, merbse, arbse, gerbse, derbse, irbse, cerbse, herbse“.
Räubersprache
Die hat Astrid Lindgren ihrem berühmten Detektiv Kalle Blomquist in den Mund gelegt – und ist übrigens des Rätsels Lösung aus unserer Einleitung. „icochoh momagog dodicochoh“ heißt natürlich auch „ich mag dich“! So geht’s: Die Konsonanten eines Wortes werden verdoppelt und dazwischen ein o platziert. Eignet sich anfangs besser in geschriebener Form.
Apropos geheime Schriften …
Mach’s wie Cäsar
Der römische Feldherr verschlüsselte seine Botschaften, indem er das Alphabet um drei Schritte nach vorne verschob. Statt A nahm er D, statt M ein P usw. An Kleopatra ging dann also „lfk pdj glfk“. Am besten aufmalen!
Hühnerstall-Code
Dieser Code eignet sich prima zum Erstellen mysteriöser Botschaften.
Statt des Buchstabens schreibt man die Linien und Punkte, die ihn im Gitter umgeben.
Tafel des Polybius
In Griechenland um 150 v. Chr. entwickelt. Anhand der Tafel (Zeile + Spalte) werden Buchstaben in einen zweistelligen Zahlencode umgewandelt, I und J teilen sich ein Quadrat.
Psst! Noch geheimer werden eure geheimen Nachrichten, wenn ihr sie mit Zitronensaft oder Milch auf weißem Papier verfasst. Sichtbar werden diese „Tinten“ erst durch Erwärmung!
Text: Manuela Prill, ELMA #15 April 2022